Urlaub in Kapverde Tag 7-9

Veröffentlicht am 28.02.2007.

São Vicente -> Santo Antão
Mo, 26.2.

Am nächsten Morgen finden wir uns in dem Raum ein, den man für ein Frühstück benutzen könnte und der Hotelchef beginnt in der allergrößten Ruhe, unser Frühstück vorzubereiten. Nicht das wir etwas zu tun hätten, aber seine wortkarge, abweisende Art ist schon befremdlich. Nach etwa einer Stunde bekommen wir aber leckere Bananen, tolle Brötchen und interessante Papagallo. Offensichtlich wurde hier eine ganze Papa in Streifen geschnitten und in jede Menge Zucker eingelegt - das Ergebnis schmeckt köstlich, auch wenn man sie nicht streichen kann.

wilde FährfahrtJetzt folgt ein wilder Rundgang durch die Stadt, von einem Fährbüro zum anderen, außerdem schaffen wir es endlich, eine offene Post zu finden, um unsere Postkarten auf ihren Weg zu bringen. Jetzt trauen wir uns auf den Hinweis eines Schlomikettenschenkers, mal im Hafen nach Tickets für die Santo-Antão-Fähre zu fragen - leider etwas zu früh, den die Fähre fährt 15 Uhr (es ist grad 13) und Tickets gibt's ab 14 Uhr. Wir treffen den netten bekifften Mali-Hippie, der uns zu einem Internet-Café (Yacth-Club (so stand's d'ran) führt, in dem es auch vegetarisches Essen gibt. Jetzt geht's wieder auf zum Hafen, uns los geht die Reise nach Santo Antão.

Tina sitzt mitsamt ihrer Übelkeit auf einem weißen Gartenstuhl, während ich mit Schlomi auf dem grünen Teppich herumwandere und so unser Aluguerunsere werdende Gastgeberin Joana kennenlerne, die 8 Kinder, 27 Enkel und einen Urenkel hat. Am Ende der einstündigen Fahrt lädt sie uns ein bei ihr zu wohnen. Und Joana ist keine Frau, der man einfach widerspricht. Trotz Tinas Bedenken fahren wir also mit ihr über riesige Berge, vorbei an Nadelwäldern und vielen fiesen Schluchten, während Schlomi von einem Mitfahrer zum anderen gereicht wird. Die Landschaft ist beeindruckend, so viel grün haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Ständig steigen neue Leute in das Sammeltaxi ein, so dass wir ziemlich überfüllt sind: Unsere Reisetasche; der Kinderwagen; jede Menge Holz und ein paar Säcke Kienäpfel werden kurzerhand aufs Dach geschnallt. Und wieder setzt sich Joana durch - sie brüllt den Fahrer an, er soll doch gefälligst langsam fahren, weil sie grad das Baby hat - und tatsächlich, die nächsten Kilometer kriecht er mit höchstens 20 km/h über die Piste. Dann beschleunigt er wieder auf rassante 30, so dass einem bei den vielen Kurven schon schwummerig wird.

Nach etwa einer Stunde kommen wir bei Joana an. Sie wohnt in einem riesigen Haus, was sich gelb gestrichen an einen Berg lehnt und überall bewachsen ist. Sofort lernen wir auch ihren Mann Manuel kennen, ein freundlicher ruhiger alter Herr, der ständig lächelt oder abwesend in die Gegend (Name: Ribeira de Torre auf der Ilha de Santo Antão) schaut. Joana gibt uns ihr eigenes Schlafzimmer im 2. Stock und wir dürfen gleich das Haus bewundern, das mindestens 6 Schlafzimmer, 2 Rundumbalkone, eine Dachterrasse und ein Bad hat. Wir sollen es uns gemütlich machen, sie will uns wie ihre eigenen Kinder behandeln. Wir sind noch etwas unsicher, was das Geld belangt, auf keinen Fall wollen wir ihr auf der Tasche liegen, aber zu fragen trauen wir uns auch nicht. Es ist ganz offensichtlich, dass sie nichts von uns haben will, und arm ist sie nun auch nicht gerade, sie hat einen Angestellten, der im Haus mitwohnt und putzt, sich um die Tiere kümmert (4 Katzen, ein Hund namens Fix, etliche Ziegen, Schweine, Hasen, Meerschweine) und die Blätter der vielen Topfpflanzen im Haus putzt. Wir beschließen, ihr am Ende unseres Aufenthaltes einen Brief dazulassen und das Geld reinzutun, was wir vielleicht in einem günstigen Hotel auch bezahlt hätten.
Nach einiger Zeit taucht plötz­lich der Aluguer-Fahrer wie aus dem nichts auf und will Geld von uns - er bekommt 1200 ECV, was ca. 4x von dem ist, was ich erwartet hätte. Und es soll noch fetter kommen.

Zur Ankunft gibt's gleich einen Snack aus Toast und Käse, 2 Stunden später Abendbrot - Reis mit Bohnen. Es ist auch noch eine Nachbarin mit Kind da, die wir in den nächsten Tagen noch oft sehen werden, irgendwie scheint sie zur Familie zu gehören, wir wissen aber nicht wie. Alle reißen sich um Schlomi, und bei den Kinderscharen hierzulande, machen sie das auch alle wirklich gut. Sogar die frischpubertierende Nachbarstochter ist da ziemlich professionell. Nach ausgiebigem Essen und Reden (Manuel versteht man wunderbar, er redet ganz langsames und einfaches Portugiesisch, Joana dagegen plappert die ganze Zeit einfach drauflos, wir haben die Vermutung in Creol, aber das weiss man nicht so genau, sie redet viel zu schnell...) wollen wir dann ins Bett gehen, leider entdeckt Tina an der Decke eine riesige Spinne, die vorher getötet werden muss. Eine Nacht mit Albträumen ist also vorprogrammiert.

Santo Antão
Di, 27.2.

unter dem Mangobaumunter dem Mangobaum

Tatsächlich schaltet Tina alle paar Stunden das Licht an, setzt die Brille auf und sucht das Zimmer nach Spinnen ab. Fündig wird sie aber erst wieder beim Frühstück, wo Joana sie herzlich auslacht, die Spinne aber doch tötet. Es gibt die Reste von gestern abend, schmackhaft aufbereitet. So wird es all die Tage gehen: Joana kocht bergeweise fisch- und fleischfreies Essen, viele Dinge haben wir noch nie so gegessen - da gibt es Bohneneintöpfe und Maniok, selbst­gemachte Fritten, Süßkartoffeln, Brotfrucht - das zuerst uns angeboten wird, dann kommt meist irgendwann Manuel ange­schlichen. Viel später wird dann noch Didi, der bekiffte Angestellte aus dem man auch kaum eine Silbe bekommt und selbst wenn Joana ihn mit ihrer durchdringenden Stimme von sonst wo ruft, hat er immer alles verstanden und macht wortlos seinen Dienst. Ausserdem kommen noch wahllos irgendwelche anderen Leute an, die auch mitverköstigt werden, was nicht bedeutet dass bei einer Mahlzeit jemals mehr als die Hälfte alle wird.

Für uns ist erst einmal ein Faulenztag angesetzt, morgen soll dann der Fahrer wiederkommen und uns die Gegend zeigen. Wir schauen uns also ausgiebig das Dorfleben von der Veranda aus an. Jede Menge Menschen sind mal da und plötzlich wieder verschwunden. Auf den zahl­losen mühevoll aufgerichteten Steinhaufen sind Menschen damit beschäftigt, Steine einer bestimmten Größe herauszuwerfen, manche Haufen werden gesiebt, andere in Säcke gepackt, um von Frauengruppen auf dem Kopf fort­getragen zu werden. Es macht den Anschein eines Ameisenhaufens, wären da nicht die ständigen Wortwechsel und das ständige neugierige Köpfedrehen, um vielleicht irgendwo etwas interessantes zu entdecken. 6x täglich kommt auch ein Schulbus vorbei der immer von bergeweise zu Fuß gehenden Kindern begleitet wird. Weil es so viele Schüler gibt, gibt es bis in die Nacht hinein Unterricht, außerdem sind Uniformen Pflicht.

Tina und Flo im TalSpäter lassen wir uns Manuel talaufwärts führen. Wir sehen Zuckerrohr, Bananenstauden, Avocado-Bäume, Mangobäume und lecker riechende Früchte die man erst kochen muss: fruta pão (Brotfrucht), etliches Gemüse wird auch überall angebaut. Außerdem sagen wir zahl­losen Talbewohnern Hallo und schauen Telekomleuten dabei zu, wie sie mittels eines Generators und Bergsteiger-Ausrüstung Löcher in Eukalyptus­masten bohren, von denen etliche Kabel in Bögen durchs Tal hängen. Überall haben fleißige Bauern Hindernisse für das allerorts aus dem Berg laufende Wasser konstruiert, um mal dieses und mal jenes Fleckchen Erde zu bewässern. Das größte Problem ist dabei die krass zerklüftete Landschaft, auf der vor vielen Generationen schon in mühevoller Handarbeit Trockenmauern angelegt wurden, an denen auf Terassen mit Zickzack-Erdwellen die vielen Pflanzen angebaut werden. Beeindruckend ist auch, dass scheinbar keinerlei Unkraut wächst, sicher weil fleisige Menschenhände es ständig herausrupfen.

Nach der Wanderung stellen wir noch eine Katastrophe fest: Das USB-Kabel hat seinen Dienst aufgegeben. Oder zumindest meldet Windows, dass kein Treiber gefunden wurde. Zum Glück hat es bereits 1x funktioniert, doch bis Praia müssen wir wohl sparsam fotografieren.

Santo Antão
Mi, 28.2.

Heute hat Joana für uns ein Aluguer bestellt, was uns ein wenig durch die Gegend fahren soll. Eigentlich hätten wir ja einfach eines der zahl­losen sowieso vorbeifahrenden Alugers anhalten können, aber bei Joana gibt's halt keine Diskussionen. Um 11 soll Garco, der Fahrer, da sein. Da sitzen die Deutschen also ab halb 11 fertig gepackt auf der Veranda und warten. Und warten... Und genau als wir beschließen nicht mehr unten zu warten - um 13 Uhr - kommt Garço, pünktlich genug für einen Afrikaner. Er fährt uns bis in den benachbarten Bezirk, zeigt uns grüne Täler und winzige Bergwege - alles ohne einmal auszusteigen. Als wir sagen, wir wollen zum Meer uns ein Stück laufen, muss er uns unbedingt noch eine Groguefabrik zeigen. Die "Groguefabrik" ist wahrscheinlich ein Unternehmen der Familie, wir sehen einen dreckigen Innenhof und sollen Grogue kaufen. Als wir uns weigern, guckt er etwas enttäuscht und wir dürfen die "Fabrik" nach nur 3 Minuten wieder verlassen. Dann nimmt er uns mit bis ein paar Kilometer vor Ribeira Grande, die Stadt in der Nähe unseres Tales, und schmeißt uns am Meer raus. Dieses einstündige Vergnügen kostet uns 2000 ECV!!! Na die Weissen habens ja. Wir sitzen noch eine Stunde am Meer, werfen Steine rein, werden zur Strafe ordentlich nassgespritzt und essen Backschokolade. Dann machen wir uns auf den pausenreichen Heimweg, wo wir knapp 4 Stunden später auch ankommen, na da hatte ich mich doch etwas in der Entfernung verschätzt. Und wer sitzt bei uns zuhause am Essenstisch? Unser lieber Fahrer... Da können wir uns noch nichtmal bei Joana beschweren.