Addis, Tag 2, reale Welt

Veröffentlicht am 25.09.2002.
Zum leckeren Frühstück, 7 Uhr, das indesdessen wie 2 Wochen her zu sein scheint, wollten wir uns ja eigentlich mit dem Inder treffen, den wir auf dem Flughafen kennengelernt hatten. Er kam nicht, also hat mich Martin gegen 8 Uhr mit Samson bekanntgemacht, seinem Guide vom Vortag. Er war ziemlich nervös, schien wohl meine Skepsis zu spüren. Die war umso größer, als Martin ihm einfach 50 € in die Hand drückte. Doch alles lief glatt und gegen Mittag hatte ich Samson richtig gern. Er ist ein beeindruckender Mensch. Doch zurück zum Vormittag: Nach dem Wechsel in 390 Birr, die äthiopische Währung, haben wir eins der blauen Lada-Taxis zum Trinity-Church genommen. Erst im Inneren erfahren wir, dass es die Kirche mit Selassie's Sarg ist, da wird einem schon ganz anders. Ein Jesus-Knochensplitter würde mir nie soviel Ehrfurcht gebieten wie die Atmosphäre darinnen. Wir waren die einzigen Weißen im ganzen Viertel und bekommen natürlich die übliche Aufmerksamkeit. Sowohl der Pfarrer, der nur amharisch spricht, als auch andere laden mich immer wieder zum Fotographieren ein, doch es fühlt sich falsch an. Hab' trotzdem Bilder gemacht, ich Ignorant.
Anschließend sind wir zum Busbahnhof gefahren, und sind mit einem Überlandbus nach Debre Zeyit, einem kleinen Städtchen 50km entfernt, gefahren. Eigentlich ja nur, um mal aus Addis Abeba herauszukommen.
Schon die Fahrt war interessant, aber der See war definitiv sein Geld wert. So viele verschiedene Vögel, die Pflanzen beeindruckent grün. Sobald wir ankommen, organisiert uns Samson eine Decke, Kissen. Wir haben die ganze Zeit Shatt gekaut und Pepsi getrunken. Lecker. Und noch dazu gab es den leckersten Tee, Kaffee. Ich muss zugeben, ich wäre vermutlich zu geizig für Decke und Getränke gewesen, aber zum Glück hatte ich nichts zu entscheiden. Am Ufer dieses Sees hatten wir eine die-Welt-drehen-lassen-und-Seele-baumeln-lassen, endspannt schöne Zeit. Dann auf dem Weg zurück zum Bus, habe ich die süssesten Kiddies getroffen, die es auf dieser Welt gibt. Und passenderweise haben sie mir ohne Ende Zucker gegeben, und konnten sich vor lachen gar nicht mehr einkriegen. Beide sprachen tolles englisch und weil sie gerade von der Schule wiederkamen, haben sie mir dann auch ihre Hefte gezeigt. Beeindruckend. Aber noch nahezu unglaublich ist das Gespräch mit Martin, das anschließend kam. Das war mit Sicherheit ein Wendepunkt in unserer Beziehung. Wir haben unsere Meinungen übereinander radikal verändert. Aber das steht schon alles im vorhergehenden Eintrag. Beim Abendbrot im Hotel treffen wir auch unseren indischen Freund wieder.

Wie, und das war nur ein Tag?