Kampf gegen Aids ohne mich

Veröffentlicht am 01.12.2002.
Jetzt sitze ich gerade im Haus von Adrianos Freundin Dindas. Strom gibt's nicht, dafür Musik und bald Essen, Fisch & Reis. Ich bin nicht in Quissala, meinem Arbeitsplatz. Mal sehen, ob das morgen Ärger gibt. À propos, für morgen habe ich ungefähr 4 Möglichkeiten, eine Internet-Verbindung zu bekommen, vielleicht klappt's ja endlich.

Gestern wollte ich mit ihr Schluß machen, heute morgen wollte ich sie nicht besuchen doch jetzt verstehe ich sie besser. Ich habe heute Negrinas Haus besucht, es kam ungefähr 7 Minuten später als der Gewitterguss, also war ich völlig durchnässt, aber da ich mit einem ihrer Brüder auf der Schulter vor dem Regen weggerannt bin. Und die "Wege" in den Bairros von Huambo sind bei Regen Flüsse, kein einfaches Pflaster also.
Sie wohnt nicht zu Hause, weil sie mit ihren viel trinkenden Onkels zusammenlebt. In dem 13 m² großen Kücheschlafwohnzimmer waren während des Regens 13 Leute versammelt. Nicht schön war es, die kleinen Wortkampeleien zwischen den Bewohnern zu sehen, die alkoholblödsinnredenden Onkels gegen die Neffen und Töchter. Und wo man sonst fast niemanden rauchen sieht, ist es in so einem ärmlichen Haus um so blöder, wenn jemand eine Zigarette nach der anderen raucht.
Martin wird mir erzählen, was für eine krumme Nudel Negrina ist, denn seinen auf dem Dresdner Frühlingsmarkt gekauften Hut hatte sie nicht dabei. Ob er ihn jemals wiedersieht? Und an alle, die mir wiederholt den Rat „Seih vorsichtig“ mitgeben: Ich bin auf der Hut.

Jedenfalls habe ich das ganze Kampf-gegen-Aids-Happening (absichtlich) verpasst. Und Vitanguis Theater-Aids-Tod. Weil ich nicht integriert wurde/habe/bin, und auf ohne-Plan-rumstehen hatte ich wirklich keine Lust. Doch dafür habe ich Christian, den Rockträger aus der Schweiz kennengelernt. Und seine angolanische Freundin hat gleich überhaupt keine Hose benutzt. Und ich glaube, ich habe schon lange nicht mehr so viele Europäer auf einem Haufen gesehen, in Christian's Haus, das ICRC, dem Roten Kreuz, gehört. Und englisches Fernsehen (der Name ist nicht gerechtfertigt, ich konnte es nur hören) haben sie. Christian spricht deutsch, sehr ungewohnt. Doch weil Adriano dabei war, der Angolaner ist, aber nur ein paar Brocken deutsch versteht, haben wir entweder sehr langsam oder portuenglisch gesprochen. Über das Rote Kreuz Genf (Geld wie Heu) und ADPP (kein Geld) und sowohl Martin als auch Adriano versuchen mich zum Wechsel zu überreden. Und die Bezahlung ist auch entsprechend versuchend. Doch ich denke, ich werde erst mal Humana beenden, im März die Muttersprache neu erlernen, Studium anfangen und dann in ein exotischeres Land als Alemanha weiterziehen. Doch es kommt sowieso immer alles anders als...

Und wenn ich wieder in Europa bin, gibt es wieder Klaviere um mich, das ist ja auch nett. Ist es nicht komisch, was für komische Sachen man hier vermissen lernt?

Angola

Beschreibung

Von September 2002 bis März 2003 habe ich bei der Organisation ADPP in Huambo, Angola als Tutor gearbeitet. Ich habe Englisch und Computernutzung an einer Schule für angehende Grundschullehrer unterrichtet.

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