Dresdner Klimaaktivist; #TeamHabeck

... und kein Kontakt

Veröffentlicht am 14.02.2003.
Hallo liebe Tagebuch-Leser, es ist wieder einmal so weit, das ADPP-Telefon geht nicht mehr. Und so ist es auch mit E-Mail: Nix geht. Also habe ich keine Ahnung ob Frank nun wirklich am 18. kommt, oder später und wann die Amerikaner kommen, weiß ich auch nicht. Aber zumindest habe ich meine Pläne für die restliche Zeit in Angola fertig, bereit sie zu ändern oder einzuhalten.

Gestern bin ich gegen 10 in die Stadt gefahren, habe gearbeitet bis Halb Eins. Anschließend habe ich mich mit Adriano getroffen, wir haben über den Computerhandel und Arbeit im Roten Kreuz gesprochen und nette seine Freunde getroffen. Und dann im Café von Arlette hat er sich ausgerechnet Wisky bestellt. Natürlich hat er behauptet, dass er genau weiß, wieviel er verträgt. Ich habe ihm geglaubt, denn bisher hat er sich unter Kontrolle gehabt. Doch nicht dieses Mal, und ich glaube nicht, dass ich es geschafft habe, ihn zu überzeugen. Er hat Nachtschicht und gegen halb fünf war er betrunken. Wenn ich sein Chef im Roten Kreuz wär', ich würde es merken und es würde mir nicht gefallen. Und rein zufällig ist das Rote Kreuz ZIEMLICH streng. Ich habe große Angst, dass er zerstört, was er sich aufgebaut hat. Er verdient genügend Geld als das es mir realistisch schien, dass er sich meinen Computer leisten kann, doch jetzt reicht's noch nichtmal mit Geborgtem von Bruder und anderern Verwandten. Ich habe Angst, dass das Geld in Wisky floss. Und Dinda, seine wirklich nette Freundin mag es verständlicherweiße überhaupt, wenn Adriano trinkt. Als ich ihn kennengelernt habe, war ich überrascht von Adriano's nettem Charakter und seinem Enthusiasmus, zu lernen: Informatik, Deutsch, Englisch, Italienisch. Er ist ein Sprachass, letztens hat er angefangen, Swahili zu lernen. Aber plötzlich, im Trunk, gibt er viel Geld für Alkohol und unnütze Dinge aus, statt wie bisher sparsam zu verwenden. Ich habe mit seinen Hausbewohnern gesprochen, mit den Arlette und den anderen Mädels im Café im Park Infantil. Aber so eifrig wie er früher nach Vokabeln gefragt hat, erbittet er sich jetzt Bier und Wisky. So ein Schlamasel und ich weiß nicht, was ich machen soll. Soll ich etwas machen? Am Montag fliegt er nach Luanda, Arbeit, dann ein paar Tage später weiter nach Bié, Urlaub und Familie besuchen.
Ich könnte mich ärgern, ich habe ihn gebeten, nichts mehr zu trinken und er hat es versprochen. Doch ich glaube, er hat es schon gebrochen. Was ich hätte tun sollen, ist seinen Kummer zu finden, was bedrückt ihn, after all? Waisenkind im Heiratsstress, cuidado!

Luciano, Sein Bruder bei OCHA ist beschäftigt, Jonas von DW hat auch keine Zeit; Beide versprechen, am mich nächsten Morgen, also heute, zu empfangen.

Heute morgen bin ich extra zeitig aufgestanden, doch (fast) umsonst, denn wieder kein Kontakt zu Frank. Dafür habe ich Isaac geholfen, einen Schritt näher zu seiner verlorenen Familie zu kommen, das angolanische Fernsehen wird nächste Woche seinen Brief präsentieren, und zwar gleich in 4 Provinzen. Das hilft bestimmt.

Nächsten Dienstag kommt Stefan vom Roten Kreuz aus Luanda, ich werde mit ihm über meine Chancen in der Organisation sprechen. Bis dahin hat Arlette dann auch für Frank eine Unterkunft organisiert, denn leider darf der nicht im Projekt schlafen.

Dann werde ich jetzt eben Tvind-Computer reparieren. Und heute abend wieder versuchen, zu meiner Familie Kontakt aufzunehmen.

Jetzt ist es Nacht, ich sitze in Adrianos Haus und ich habe es geschaft, aus 8 alten Tvind-Computern 2 funktionierende zu bauen. Doch trotz 2 Stunden Warten in Angola Telekom nur ein 20 Sekunden-Gespräch mit Nicole. Doch anstatt mich aufzuheitern, stimmt mich ihre vertraute Stimme nur trist. Und wie unwirklich es sich anfühlt, jetzt deutsch zu schreiben. Wo ist denn nun meine Heimat.
Kein Kontakt zu Frank, nicht per E-Mail (Fernando von OCHA ist krank und DW geht nicht) und das Telefon besetzt, nach 2 Stunden Warten. Auch bei Mama und Oma ist keiner.

Vorhin habe ich überlegt, ob ich Dinda von Adriano's Wiskyproblem erzählen soll. Doch sie wusste es natürlich schon. Und jetzt gibt es das Donnerwetter. Heute keine heile Welt.

Angola

Beschreibung

Von September 2002 bis März 2003 habe ich bei der Organisation ADPP in Huambo, Angola als Tutor gearbeitet. Ich habe Englisch und Computernutzung an einer Schule für angehende Grundschullehrer unterrichtet.

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