SantiagoMo, 19.3.
Das Baby war offensichtlich auch sehr müde, sie schläft das erste Mal seit Monaten wieder durch, Tina muss sie um 5 Uhr wecken, weil ihre Brust zu platzen droht. Um 12 müssen wir im Hotel auschecken, so wird im Zimmer heftigst gepackt und Christian geht schnell die Straße runter zum Fähr- und Flugbüro und holt die Tickets nach Brava (auf der Barlavento für nur 1500 ECV = 14 € pro Person) und Tickets nach Sal für den 3.4. für 23800 ECV insgesamt. Leider fährt um unseren Abflugtermin herum kein Schiff mehr. Außerdem ist die liebe Bankangestellte, die unser Geld wechseln sollte, fest davon überzeugt, dass ich aus Dänemark komme, fängt ja immerhin auch mit D an - wie Deutschland. Wolf wird erst gegen halb 2 herum wieder zu Hause sein, also verbringen wir die Mittagszeit auf einem der schönen Plätze mit Springbrunnen auf dem Plateau, zur Erfrischung kaufen wir Bananen, Orangen und leckere selbstgezogene Erdnüsse.
Dann fahren wir mit dem Taxi zu Wolf, dort essen wir leckeren griechischen Salat, das Baby schläft sich nochmal richtig aus und wir kommen auch endlich mal wieder zum Tagebuchschreiben. Als Wolf und Max dann ihre Runden durch die Stadt spazieren, gehen wir ins Internet-Café, um mal wieder Kontakt zur Welt aufzunehmen. Aus Erfahrung weiß ich, dass das Telefonierprogramm Skype nicht installiert ist, also nehme ich es auf CD mit. Und tatsächlich finden wir nach einigem Probieren einen Computer, an dem ein funktionierendes Headset hängt und ich kann so mal kurz mit Schwester Ulla, meiner Oma und meiner Mama reden.
Abends geht's dann mit einem Taxi ab zum Hafen. Weil wir nicht 50 ECV bezahlen wollen, müssen wir 15 Meter zum Kai laufen - wie tragisch! Dort stehen kleine Gruppen von wartenden Menschen. Gogo versucht herauszubekommen, ob und wie man das Gepäck abgeben kann, aber der Auskunftgebende ist so erpicht darauf, sofort die Tasche zu packen, dass er bestimmt Geld dafür will. Deshalb lassen wir's erstmal und fahren eine Runde über den Kai. Hier stehen schon die beiden Schiffe, mit denen wir nach Fogo ("Sal Rei") und Brava ("Barlavento") fahren können, außerdem die Praia d'Aguarda, mit der wir unsere erste Schiffsreise von Sal aus unternommen haben. Allesamt sind sie ursprünglich in deutschen Werften hergestellt und rosten jetzt hier vor sich hin. Später treffen wir den Gepäckverantwortlichen, der uns empfielt, die Tasche einfach über die Reling zu heben - kostenlos. Übrigens ist laut bela-vista.net ist unser Schiff für 99% der Touristen ungeeignet - wir sind gespannt! Sooo schlimm ist es dann aber doch nicht, die Sitze sind sogar einigermaßen bequem und Christian legt sich einfach mit der Babydecke auf den Boden.
Nicht alles verspätet sich in Afrika - unser Schiff fährt sogar eine halbe Stunde eher, also 22:30 Uhr los. Wie erwartet ist das Meer hügelig und uns wird sehr schnell sehr schlecht, zum Glück bleibt es beim Schwindelgefühl. Nur die Schlomi läßt sich wie immer nicht stören, sondern schläft einfach (bis auf 2 kurze Stillmahlzeiten) durch.
BravaDi, 20.3.
Als Gogo die Augen auf Schlomis gelber Wuscheldecke öffnet, ist das Schiff bereits in der Nähe eines Landes - es wackelt kaum noch. An Deck entdeckt er eine ganze Sammlung von kleinen und großen Inseln und eine ist schon ganz nah. Laut Fahrplan sollten wir 6 Uhr morgens in Fogo ankommen, stattdessen sieht diese Insel genau wie unser Endziel Brava aus. Merkwürdig!!! Und tatsächlich legen wir 6:30 Uhr in Furna, einem kleinen, wunderschönen Hafenstädtchen auf Brava an. Na wie gut dass wir nicht einfach weitergeschlafen haben, da wären wir doch tatsächlich einfach bis Fogo weitergefahren. Afrikanische Fahrpläne halt!
An Land spricht uns eine junge Frau mit Wollmütze an, ob wir ins Motel Burgus wollen - ganz sicher deshalb, weil Wolf gestern noch schnell nach einem Transport für uns gefragt hat. Kurz darauf sitzen wir mit ein paar Kapverdern, Franzosen und jeder Menge Gepäck im Toyotakleinbus und rasen über die gewundene Pflastersteinstraße. Nach einigen Zwischenhalten kommen wir in unserer Zielbucht an: Fajã d'Agua. Leider glaubt der Aluguerfahrer, uns so richtig ausnehmen zu müssen und verlangt trotz heftiger Diskussion immer wieder 2500 ECV, bekommt am Ende auch 2450 ECV - ein Vermögen im Vergleich zu den 200 ECV, die wir für die etwa gleichschwere und -lange Fahrt nach Assomada bezahlt haben. Das hat man davon, wenn man nicht beim Einsteigen über den Preis redet. Jetzt mieten wir uns im Motel ein und schlafen erst mal bis 14 Uhr.
Unser Bett hat ein Loch am Fußende und wir fallen regelmäßig rein - mindestens 10 cm tief!
Nachdem wir uns ein bisschen mit Waffeln rund gefressen haben, gehen wir auf Entdeckungstour. Als erstes bleiben wir in der Rezeption hängen, denn das Baby muss bewundert und die Pässe kontrolliert werden. Anschließend bekommen wir ein kleines Mädchen des Hauses namens Cándida (sie ist total süß, vielleicht 8 Jahre alt und hat blondes Haar und grüne Augen und ist furchtbar schüchtern, erklärt aber immer wieder eisern, dass sie mit uns laufen will, wenn wir sie einfach zum Spielen schicken) als Führerin zu den Piscinas, von denen wir dachten, es wäre ein Strand. Nach allerlei Kraxelei kommen wir am Meer an und stellen fest, dass es sich um wunderschöne, klare natürliche Wasserbecken handelt, die von Zeit zu Zeit durch Riesenwellen mit Meerwasser versorgt werden und dann über allerlei Wasserfälle wieder abfließen. Wir haben hier also Schwimmbecken aller erdenklicher Grössen, manche sogar mit Fisch oder Krabschen. Gogo traut sich und schwimmt ein paar Züge wie ein kleines Kind durch die Pfützchen. Außerdem gibt es viele kleine Tiere in den Becken, zum Beispiel kleine Krebse, die sich mit Muscheln bedecken und am Beckengrund umherkrabbeln.
Als wir am frühen Abend nach Hause kommen, gibt es leider kein Wasser zum Duschen, also wickeln wir unsere kleine Schlomi und gehen zum Abendessen, das wie bestellt weder Fisch noch Fleisch ist. Es kommt aus einer Familienküche, die manchmal voller Frauen und Kinder ist. Praktischerweise wird uns Flo die gesamte Zeit des Essens (Pommes frites, Reis, Spiegelei und Tomate) abgenommen und wir müssen sie uns zurückerkämpfen, als wir erschöpft und glücklich ins Bett fallen wollen.
BravaMi, 21.3.
Flo ist heute mal wieder früh wach, so um 6, Tina übernimmt die erste Schicht, und als sie weiterschlafen will, geht der Gogo mit der Flo ein wenig spazieren. Nachdem wir dann wirklich alle wach sind, gehts zum Frühstück, was uns für 250 ECV pro Person extra angeboten wurde. Großer Fehler! Auf dem Tisch stehen 2 Bananen, ein paar Kekse, Margarine und 2 Stück Käse. Wir teilen - Tina ist die Bananen und Gogo die Kekse mit Käse. Zum Glück gibts jede Menge heisses Wasser aus der Termoskanne und Pulverkaffee, wenigstens ein Teil des Frühstücks, den wir mit Freude verputzen. Uns fällt aber noch ein kleiner Trick ein, zum Kaffee gibts nämlich Milch und ausserdem haben wir noch etwas Müsli übrig von unserer Zeit bei Rosely, so wird das ganze gemixt und immer nur das Müsli aus der Milch gelöffelt und so reicht es sogar zum Sattwerden. Wir beschliessen, dass dies unser letztes Frühstück in diesem Hotel sein wird. So begeben wir uns also auf die Suche nach einem Mini-Mercado um für folgende Tage etwas Milch oder Brot oder ähnliches zu kaufen. Auf dem Weg treffen wir Joao, den Christian schon von seinem letzten Aufenthalt auf Brava kennt. Joao ist 25, alleinerziehender Vater von David und bringt diesen gerade zu dessen Mutter, von der er sich offensichtlich getrennt hat. David heult wie am Spiess, weil er keine Lust hat, zu seiner Mutter zu gehen, sein Schreien zeigt Erfolg, denn er darf dann doch bei seinem Vater bleiben. Naja, mit konsequenter Erziehung haben sie es hier nicht so. Nach ausgiebigem Erinnerungsaustausch in recht gutem portugiesisch gehen wir weiter. Die Hauptstraße, auch die einzige Straße, ist nicht lang und ein Lebensmittelladen bleibt unauffindbar. Wir werden mal wieder von ein paar Frauen auf einer Terasse aufgegriffen, sie wollen - wie könnte es anders sein - Flo! Also bleiben wir auch dort ein halbes Stündlein, eine der Frauen bringt uns dann zu dem "Mini-Mercado", den wir alleine nie gefunden hätten. Es handelt sich nämlich um ein privates Hinterzimmer einer älteren Dame, die Milchpulver und abgelaufene Joghurts verkauft, nichts von dem wollen wir, so ziehen wir unverrichteter Dinge wieder ab. Zum Mittag wird Schlomi nochmal in ihr Bettchen gelegt und ihre Eltern schauen endlich mal wieder eine Folge Ally. Dann wollen wir zum Strand.
Wir laufen also an den Piscinas von gestern vorbei auf den alten Flughafen, dahinter sollte der Strand liegen. Auf der Landebahn stehen ungefähr 20 Kühe, ausschließlich männlichen Geschlechts, an denen wir uns erstmal vorbeischleichen müssen. Außerdem sind dort noch 2 Kinder von etwa 5 oder 6 Jahren, die diese Bullen zu hüten scheinen - oder vielleicht auch nur zu ärgern. Denn sie jagen die Hälfte der Herde hoch auf einen steilen Berg (es sieht furchtbar gefährlich aus und runter kommen die bestimmt nicht mehr von allein) und laufen dann einfach mit Säcken bepackt davon. Naja - auf jeden Fall ist am Ende der Rollbahn nichts von einem Strand zu sehen, und weiter wagen wir uns ungeführt nicht hervor. So beschließen wir eben doch nochmal in die Felsbecken zu springen, wozu wir allerdings gar nicht kommen, da wir irgendwo auf dem Weg von einem Pärchen mit Baby aufgehalten werden, und uns dann ewig festquatschen. Zum Abendbrot schaffen wir's dann aber doch rechtzeitig, es gibt das gleiche wie gestern (was soll man auch zu Essen machen für einen der keinen Fisch und kein Fleisch isst?), Schlomi ist mal wieder auf Nimmerwiedersehen verschwunden, was ihren Eltern ein sehr ruhiges Abendbrot beschert. Dann gehen die Frauen schlafen und Christian trifft mal wieder jemanden, den er schon von vor 3 Jahren kennt und geht zum Schwatzen nochmal runter ins Fernsehzimmer.
Haben wir übrigens schon erwähnt, dass wir im Paradies sind? Wirklich! In einem ruhigen, beschaulichen Ort mit nur einer Straße. Diese führt direkt am Meer entlang, Autos gibts es vielleicht zweimal am Tag, Wasser und Strom etwas öfter, und auf einer Seite ist der Weg von hübschen kleinen Häuschen und postkartentauglichen Kokospalmen gesäumt. Hinter den bunt angestrichenen Häuschen erhebt sich ein Berg, auf dessen Terassen grüne Pflanzen wachsen. Und man schläft ein bei allgegenwärtigem Meeresrauschen, wenn man aus dem Fenster schaut sieht man - Meer. Es gibt zwar keinen Laden, dafür aber die freundlichsten Menschen überhaupt, die alle unsere kleine Flo liebhaben, die es sich auch wunderbar gehen lässt. Und die Temperatur ist fast immer genau richtig, keine brennende Mittagssonne, sondern immer mal eine frische Brise und angenehm bis in die Nacht... Also, deutsche Pensionäre, wenn ihr auswandern wollt und keinen Wert auf deutsche Zahnpasta legt...