Meine schwedische Verurteilung wird ins deutsche Zentralregister eingetragen

Der 17. August 2022 war ein sonniger Tag, als ich mich mit anderen Gleichgesinnten auf der Zentralbrücke in Stockholm versammelte. Unser Ziel war klar: Aufmerksamkeit auf die Dringlichkeit des Klimawandels lenken. Und wir entschieden uns für friedlichen zivilen Widerstand, weil die Zeit für halbherzige Maßnahmen vorbei ist.

Wir saßen als 3 Organisationen auf dieser Brücke: Extinction Rebellion, Återställ Våtmarker und Letzte Generation. Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Lebenssituationen vereinten sich, um eine Botschaft zu senden: Wir brauchen sofort mehr Klimaschutzmaßnahmen, zum Beispiel die Wiedervernässung von Mooren! Doch unsere friedliche Demonstration wurde als Sabotage bezeichnet, weil wir Autofahrer:innen die Weiterfahrt um 20 Minuten verzögert haben. Sabotage? Nein, wir haben als privilegierte Erwachsene lediglich die Stimme erhoben für diejenigen, die keine haben - für die Zukunft unserer Kinder, für bedrohte Arten.

Deutsche Gerichte schätzen mein Einkommen typischerweise auf 10 € pro Tag. Das Gericht verurteilte mich zu einer Strafe, die in 22400 Schwedischen Kronen gemessen wurde - ca. 2000 € für 20 Minuten Stau. Aber wie misst man den Wert eines intakten Ökosystems? Återställ Våtmarker setzt sich für Moore ein. Wie bewertet man die Lebensgrundlagen kommender Generationen? Die Strafe, die ich erhielt, ist nichts im Vergleich zu dem, was auf dem Spiel steht. Diese Verurteilung steht nun auch im deutschen Bundeszentralregister gemeldet, eine bleibende Markierung meiner Überzeugungen. Leider wird das auch hier zu höheren Strafen für meine zahlreichen noch laufenden Verfahren führen. Für mich persönlich ist es ein Nachteil - gleichzeitig finde ich es als Jura- und Rechtsstaat-Geek sehr spannend.

Ich bin kein Krimineller. Ich bin ein Aktivist. Ich habe kein Problem mit den juristischen Konsequenzen meiner Handlungen. Ich weigere mich, in einer Welt zu leben, in der Profit von einzelnen über das Wohlergehen von vielen gestellt wird. In der die Gier nach kurzfristigem Wohlstand die Zukunft verspielt - auch wenn ich den Kick psychologisch verstehen kann, viel Geld zu verdienen. Es ist die Aufgabe der Politik, hier für Ausgleich zu sorgen - finanziell und ökologisch. Für einen höheren Meeresspiegel kommt die Allgemeinheit auf.

Vielleicht mögen einige mein Handeln als radikal betrachten. Aber was ist radikaler: Ein paar Minuten des Widerstands, um auf die drohende Katastrophe aufmerksam zu machen, oder die fortgesetzte Verdrängung der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen?

Ich stehe zu meiner Entscheidung. Ich werde weiterhin für das kämpfen, was richtig ist, auch wenn es bedeutet, dass ich mich - nach Ankündigung und mit Gesicht und Namen - gegen das Gesetz stelle. Ich mache das nur, weil der Zeitdruck bei Artensterben und Klimaerhitzung so groß ist. Manchmal ist es unsere moralische Pflicht, ein Gesetz zu brechen, um eine größere Ungerechtigkeit anzuprangern - auch wenn ich mich sonst überall an Gesetze halte und natürlich vom Rechtsstaat profitiere.

Mein Einsatz für Klimagerechtigkeit und Artenschutz hört hier nicht auf. Solange die Politiker untätig bleiben und die Unternehmen weiterhin Profit über den Planeten stellen, werde ich meinen Teil dazu beitragen, die Stimme der Vernunft zu sein. Ich hoffe, dass andere meinem Beispiel folgen werden, denn gemeinsam können wir eine Veränderung bewirken.

Lasst uns mutig sein. Lasst uns unbequem sein. Lasst uns für das kämpfen, was wirklich zählt: Eine lebenswerte Zukunft für alle Lebewesen auf diesem Planeten.